Nachhaltige Kapitalanlage

Mehr als eine Mode

 

Niedrige Zinsen, sinkende Renditen, mangelnde Alternativen bei Investments – institutionelle Investoren haben es zurzeit nicht leicht, beispielsweise in der Altersversorgung, mit dem ihnen anvertrauten Kapital die garantierten Versorgungsansprüche ihrer Leistungsberechtigten zu bedienen oder aber ganz allgemein mit den angelegten Geldern eine geplante und sichere Rendite zu erwirtschaften.

Häufig geben sich Anleger wie große Family Offices, Stiftungen und kirchliche Körperschaften bereits damit zufrieden, ihr Kapital durch eine vermeintlich sichere Anlage zu erhalten, ohne für das mit jeder Geldanlage verbundene Risiko noch angemessen kompensiert zu werden.

Vielfach wird die Geldanlage zudem noch durch zahlreiche Regularien eingeengt, die den Anteil risikobehafteter Assetklassen wie beispielsweise Aktien, die über längere Zeiträume höhere Renditen als die klassischen Investments in Staatsanleihen erwirtschaften könnten, strikt begrenzen und zudem eine Eigenkapitalunterlegung erfordern.

Kirche hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben

Besonders komplex ist die Lage für kirchliche und diakonische Einrichtungen. Denn mehr noch als bei vielen anderen Vorsorgeeinrichtungen bilden auch  Anlageaspekte wie Sozialverträglichkeit, Ökologie und Generationengerechtigkeit die Leitlinie für die Investmentstruktur.

Umsichtiges und gezieltes Handeln bestimmt ihren nachhaltig ausgerichteten Kapitalanlageprozess und dokumentiert so die Verantwortung für Mensch und Umwelt. Vermieden wird etwa die Anlage von Geldern in Geschäftsfelder oder Geschäftspraktiken, die diesem Werteverständnis zuwiderlaufen.

Sind nachhaltige Investments auch für immer mehr Investoren ein wünschenswertes Anlagekriterium, sind sie für kirchliche Träger ein Muss, weil sich ihre Statuten an christlich-ethischen Werten orientieren. Insofern ist die Betonung auf Nachhaltigkeit im Bereich der Kapitalanlagen kein Mode- oder Prestigethema.

Langfristig gehen Moral und Rendite zusammen

Bei allen Investmententscheidungen berücksichtigen kirchliche Einrichtungen bereits seit vielen Jahren konsequent Nachhaltigkeitsaspekte – mit positiven Auswirkungen auf die langfristige Rendite. Denn Moral und Rendite schließen sich nicht aus. Im Gegenteil: zahlreiche Studien belegen, dass ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) ein Portfolio bei vergleichbaren Renditen sogar stabilisieren. Ein enormer Vorteil vor allem für institutionelle Investoren, die auf langfristig planbare Einnahmen angewiesen sind.

Das Anlageuniversum nachhaltiger Kapitalanlageprodukte im institutionellen Bereich hat in den vergangenen Jahren vor diesem Hintergrund einen stetigen und rasanten Aufschwung erlebt. Sämtliche etablierten Asset Manager – national wie international - können es sich heute nicht mehr erlauben, Aspekte der Nachhaltigkeit nicht in ihrem Angebot fest zu verankern.

Gleichwohl gibt es nach wie vor natürlich auch weiterhin Möglichkeiten, Renditen aus „unethischen“ Anlagen zu generieren und dabei die Nachhaltigkeit komplett auszublenden.

Ethische Nachfrage verändert "nicht ethische" Angebote

Allerdings steigt der Druck auf die Anbieter nachfrageseitig, in jedem Falle bestimmte Grundanforderungen an die Nachhaltigkeit über Ausschlusskriterien - mehr oder weniger auch ohne weitere Anforderung - in ihren Produkten von vornherein zu berücksichtigen.

Hierzu gehört der Ausschluss von Kapitalanlagen in Aktien und Unternehmensanleihen im Zusammenhang mit kontroversen Geschäftspraktiken wie Kinderarbeit, Missachtung von Menschenrechten, Umweltschutz, Korruption sowie mit Geschäftsfeldern wie Waffen, Tierversuche, Nuklear- und/oder Kohleenergie bzw. -produktion, Pornographie und Glücksspiel.

Bei Staatsanleihen kommen Kriterien wie geringe politische und demokratische Rechte, Praktizierung der Todesstrafe, Miss- oder Minderbeachtung von Klimaschutzbemühungen, Korruption sowie niedriger Friedensstatus ((jeweils gemessen über spezifische Indizes) zur Anwendung. Dies gehört gewissermaßen zum Grundrepertoire der Kapitalanlage.

Privaten Kunden wird weniger geboten als professionellen

Im Vergleich zum institutionellen Bereich hinkt der sog. Retailbereich (Markt für die Endverbraucher mit nicht professionellen Kapitalanlegern) hier noch etwas hinterher, hat aber in den letzten beiden Jahren doch deutlich an Fahrt gewonnen.

Wer sich über die „Einstiegsmöglichkeit“ der reinen Ausschlüsse auch aktiv an den sogenannten ESG-Kriterien „Environment“ (Umwelt), „Social“ (Soziales) und“ Governance“ (gute Unternehmensführung, aber auch Generationengerechtigkeit) orientiert, fährt in der Regel sowohl im Hinblick auf die erzielbare Rendite als auch die Vermeidung bestimmter Risiken noch besser als derjenige, der seine Strategie nur an Ausschlusskriterien und normbasierten Auswahlverfahren (screening) ausrichtet.

Zielgerichtete Auswahl fährt besser als Ausschlussverfahren

In diesem Zusammenhang gewinnen  Kapitalanlagen sowohl im institutionellen wie auch im Breitengeschäft immer mehr an Bedeutung, die nicht nur die Gewinnpartizipation an unethischen Kapitalanlagen ausschließen, sondern darüber hinaus gezielt Positivkriterien in der Anlage in den Vordergrund stellen. Investiert wird hier nur in solche Unternehmen, Aktien und Staatsanleihen, die besonderen ethischen Grundstandards nicht nur nicht entgegenstehen, sondern unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitskriterien E, S und G jeweils die Besten in ihren Anlageklassen sind.

Bestimmte inzwischen allgemein und auch öffentlich verfügbare Informationen liefern hier die Grundlage für die Bewertung der Produkte und der Anlagemöglichkeiten, die in Form von Scorings (Benotungen) dann der Anlageentscheidung zugrundgelegt werden.

Immer häufiger suchen Investoren auch nach Anlagemöglichkeiten, die dabei helfen, die Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN, die sogenannten „Sustainable Development Goals“ oder kurz SDGs, zu erfüllen – und dabei nicht nur umweltschädigende und unethische Anlagemöglichkeiten auszuschließen.

Direkte Investitionen bringen Themen voran

Der Kapitalmarkt hat hier die Möglichkeit geschaffen, ganz gezielt in bestimmte Themen zu investieren, die der Zielerreichung der einzelnen SDGs in besonderer Weise gerecht werden. Folgerichtig werden diese Anlagemöglichkeiten auch Themen- oder Direktinvestments genannt. Sie sind im Angelsächsischen unter dem Begriff Impact Investing bereits seit längerem ein fester Bestandteil der Anlage.

Die immer intensiver geführte Debatte über die globale Erwärmung der Erdatmosphäre, kombiniert mit der Begrenzung des Temperaturanstieges im Rahmen des Paris-Abkommens („well below 2 degree centigrade“), führt dazu, dass immer mehr Kapitalanlageprodukte - im institutionellen wie im Retailbereich – angeboten werden, die speziell die Klimaziele im Fokus haben.

Green Bonds finanzieren neue Technologien

Hierbei handelt es sich vor allem um Investitionen in erneuerbare Energien (Photovoltaik, Windkraft on-shore und off-shore), Wasserkraft, aber auch in Energieeffizienz von Gebäuden, Netz-Infrastruktur und neuerdings auch in Speichertechnologie (Batterien). Auch sog. green bonds (grüne Anleihen, die zweckgebunden in Umweltthemen investieren) werden immer häufiger angeboten.

In diesem Bereich gibt es zahlreiche etablierte Spezialanbieter mit großer Expertise und guten Erfolgszahlen (track record). Aber auch die breiter aufgestellten Investment Manager kommen um dieses Thema inzwischen nicht mehr herum und bereichern den Markt mit neuen Ideen und Produkten. Die Anlagen bieten attraktive Risiko-/Returnprofile und eignen sich mehr als nur zur Beimischung für jedes Anlageportfolio.

Soziales kämpft sich aus dem Klima-Schatten

Aus Sicht der kirchlichen Anleger konzentrieren sich die Themeninvestments rund um Umwelt und Klima, wodurch das unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten so wichtige Anlagekriterium Soziales leider etwas in den Hintergrund gedrängt wurde bzw. sich von dort auch noch nie so recht befreien konnte.

Dennoch gibt es rund um die Themen Bildung, bezahlbares Wohnen, gesunde Ernährung und ausreichende Wasserversorgung, Krankheitsbehandlung, Mikrofinanzen und Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen in Schwellenländern zahlreiche attraktive Anlagemöglichkeiten, die eine soziale Komponente in ihrer jeweiligen Anlage in den Mittelpunkt stellen.

Nachhaltige Kapitalanlagen nehmen zu und wirken gezielt

Das Wachstum im Bereich nachhaltiger Kapitalanlagen kennt keine Grenzen. Es bleibt im Sinne der Bewahrung der Schöpfung, dass dieser Prozess sich rasch fortsetzt, das Leben auf unserem Planeten sowohl unter umweltpolitischen als auch sozialen Gesichtspunkten schützt und verbessert sowie damit die Grundlage für Frieden und Wohlstand in dieser Welt nachhaltig sichert.

 

 

Berlin im Februar 2020

Ewald Stephan
stellv. Vorsitzender des SCS-Diakonie
 
Vorstandsmitglied der VERKA PK
Kirchliche Pensionskasse AG und
der VERKA VK Kirchliche Vorsorge VVaG.