Frauen in Führung

Nicht ohne Netzwerken

 

In der privaten Wirtschaft gibt es Netzwerke von Frauen in Führungspositionen schon seit vielen Jahren. Sie schaffen national wie international, branchenspezifisch wie branchenübergreifend Kontakte, ermöglichen persönlichen wie fachlichen Austausch. In Kirche und Diakonie hat es bis 2014 gedauert, ehe ähnliches aus der Taufe gehoben wurde.

Ausgangspunkt war, dass Frauen zwar mehr als die Hälfte der Mitglieder und Ehrenamtlichen stellen, jedoch in Leitungspositionen massiv unterrepräsentiert sind – immer noch und bis heute.

Leitende Frauen sind unterrepräsentiert

Denn bereits vor 30 Jahren nahm sich die Evangelische Kirche vor, eine gleichberechtigte Gemeinschaft von Frauen und Männern zu realisieren: 1989 auf der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Bad Krozingen und 1990 auf der Leipziger Synode des Bundes der evangelischen Kirchen in der DDR.

Dieses Ziel, so stellte der erste EKD-Gleichstellungsatlas 2015 fest, hätten sowohl die Synode der EKD (Frauenanteil 46 %) als auch der Rat der EKD (Frauenanteil 47 %) fast erreicht. Im Gegensatz zur Bundesebene jedoch steige der Anteil der Männer im Durchschnitt von 48 % in gemeindeleitenden Gremien über 58 % in Kreissynoden auf 64 % in Landessynoden.

Gleichstellungsatlas spiegelt Fakten

In den Kirchenleitungen habe der Frauenanteil seit 1993 um 14 Prozentpunkte auf 32 % (2013) zugenommen und in Leitungsgremien (16 Kollegien) der Verwaltung der Landeskirchen bei durchschnittlich 29% (2013) gelegen.

Für die Diakonie liegen seit 2018 mit dem Gleichstellungsatlas Diakonie verlässliche Zahlen vor. Der durchschnittliche Frauenanteil in der obersten Leitungsebene (Vorstände, Geschäftsführungen) lag bei 31%. Unter den Vorsitzenden dieser obersten Leitungsebene betrug er nur noch 25%. In Aufsichtsräten von Einrichtungen der Diakonie kam er durchschnittlich auf 29%.

Angesichts des Umstands, dass 77% der Beschäftigten weiblich sind, werfen diese Fakten besonders viele Fragen auf.

Personalpolitik verändert sich nur langsam

Beide Publikationen sind bei EKD, Landeskirchen, diakonischen Verbänden und Unternehmen auf ein breites Echo gestoßen und haben dazu geführt, dass über strukturelle Ursachen dieser Unterrepräsentanz und die nun zu ergreifenden Maßnahmen intensiv diskutiert wird.

Braucht es im Jahr 2020 noch ein Netzwerk für Frauen in Führung?  Ja, denn was nun langsam auf den Weg gebracht wird - Quotenregelungen, Mentoringprogramme, Gleichstellungsgesetze, greift erst mit erheblicher Verzögerung. Aus der Genderforschung kennen wir die Effekte, die dafür verantwortlich sind.

Professionalität kollidiert mit Erwartungen

“Leaky Pipelines“: fähige Frauen gehen Organisationen auf dem Weg in Führungspositionen aus unterschiedlichen Gründen „verloren“.  „Gläserne Decken“: kompetente Frauen erreichen trotz Führungsmotivation nicht die Spitzenpositionen in ihren Unternehmen. „Revolving Doors“: Frauen werden aus politischen Gründen auf Spitzenpositionen berufen, ohne zu prüfen, ob betriebliche Anforderung und individuelle Kompetenz zueinander passen.

Darüber  hinaus werden sie mit impliziten Erwartungen an einen vermeintlich „weiblichen Führungsstil“ (kommunikativ, empathisch, mütterlich etc.) konfrontiert, die sie aufgrund der je eigenen professionellen Rollenwahrnehmung nicht erfüllen können oder wollen.

Netzwerk trifft sich bei Führungsakademie

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland und damit auch des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung, regte 2014 das Netzwerk  „Frauen in Führung in Kirche und Diakonie“ (FiF) an. Angesiedelt ist es bei der Führungsakademie für Kirche und Diakonie als zentraler Fort- und Weiterbildungsinstitution, in der sich Führungskräfte aus beiden Systemen zum gemeinsamen Lernen und Austausch begegnen.

Die Netzwerkerinnen treffen sich einmal jährlich in Berlin. Dabei geht es einerseits um eine fachliche Auseinandersetzung mit Führungsthemen und andererseits um persönlichen Erfahrungsaustausch und Vernetzung – entlang der Grundfrage: Wie führe ich gut, gerne und gesund?

Referentinnen aus dem Kreis von Kirche und Diakonie geben dabei ebenso wichtige Impulse wie hochrangige Führungspersönlichkeiten aus  Wirtschaft, Forschung und Politik (Irmgard Schwaetzer, Angela Kerek, Henrike von Platen, Sigrid Nikutta, Heike Hanagarth u.v.m.).

Das Netzwerk steht allen Frauen in Führung offen, die in Kirche und Diakonie Letztverantwortung für Finanzen, Personal und Themen haben. Interessierte melden sich bitte bei silke.koeser@fa-kd.de.

 

Dr. Lars Carbonnier

Berlin im April 2020

Dr. Silke Köser
Germanistin, Theologin, Mediatorin
 
seit 2015 Studienleiterin an der
Führungsakadmie für Kirche und Diakonie,
 
zuvor Promotion am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt,
Referentin bei der Diakonie Deutschland sowie
dem Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung