Inklusives Lernen
Arbeitsbegleitende Professionalisierung im Bereich Pflege und Begleitung
Seine Initiative „Inklusives Lernen“ setzt der Senior Consulting Service Diakonie seit Juni 2024 mit einem zweijährigen Modellvorhaben fort.
Es richtet sich an Pflegehilfskräfte der Brandenburgischen Landkreise Oberhavel und Uckermark. Sie werden am Arbeitsplatz darin unterstützt, sich zu professionalisieren und auf eine Ausbildung zu Helfer*innen und Assistent*innen in der Pflege vorzubreiten. Aus den Erfahrungen dieser Vorstufe zur Berufsbildung, so die Idee, ließe sich eine betriebliche Pflegevorschule in Kooperation mit regionalen Grundbildungszentren etablieren.
Betriebliche Pflegevorschule
Das Projekt mit dem Titel „Arbeitsbegleitende Professionalisierung im Bereich Pflege und Begleitung“ wird vom Land Brandenburg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds für soziale Innovationen in der Arbeitspolitik finanziert (01.06.2024 bis 31.05.2026) - und durch ein Team aus Bernt Renzenbrink und Dr. Michael Kühne (SCS-Diakonie), Dr. Steffi Badel (Institut für Erziehungswissenschaften der Humbolt-Universität zu Berlin) und Prof. em. Dr. Joachim Ludwig (Universität Potsdam) betreut.
Partner des Modellprojektes sind zum einen acht Tagespflege- und Wohneinrichtungen der Johannesstift Diakonie Annagarten und der Lafim-Diakonie für Menschen im Alter gGmbH in Oranienburg, zum anderen der Evangelische Verband für Altenarbeit und pflegerische Dienste in Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, die Caritas Altenhilfe im Erzbistum Berlin, die Jobcenter und Grundbildungszentren der Landkreise Oberhavel und Uckermark.
Sprachliche und fachliche Kompetenz
Die Zielgruppe „Pflegehilfskräfte“ umfasst einen heterogenen Personenkreis aus dem In- und Ausland im Alter zwischen 17 und 58 Jahren - mit und ohne Schulabschluss, mit und ohne anderweitige Ausbildung oder Berufserfahrung, eventuell mit geringer Literalität.
Das Förderprogramm will sprachliche wie fachliche Kompetenz stärken. Es leitet an, erlernte Abläufe und eingeübte Tätigkeiten nicht nur pragmatisch zu wiederholen, sondern sie auch zu analysieren, Handlungsoptionen aufzuzeigen und Praxiswissen mit fachlich-wissenschaftlicher Theorie abzugleichen. Was gegebenfalls voraussetzt, eine Grundbildung (Lesen, Schreiben, Verstehen) nachzuholen oder die Fremdsprache Deutsch zu vertiefen.
Workshops während der Arbeitszeit
Eine jede, ein jeder Teilnehmende absolviert 25 Workshops (100 Stunden) während seiner Arbeitszeit am Dienstort. Sie schlagen Themen aus ihrem Alltag vor und lernen – Peer to Peer - voneinander in einer Mischung aus Supervision und Fortbildung. Es geht darum, Vorgaben und Konzepte in leichte Sprache zu übersetzen. Oder eine Pflegedokumentation zu verstehen, zu ergänzen und daraus nächste Schritte abzuleiten. Denn gerade an ihr lässt sich die Qualität von Pflege messen.
Daneben werden examinierte Fachkräfte als betriebliche Berater*innen geschult, um noch während des Projektes und erst recht danach die Workshops zu organisieren und zu begleiten.
In einem ersten ESF-Entwicklungsprojekt (April bis September 2020) für den Landkreis Oberhavel entwarf der SCS-Diakonie das Programm für eine regionale Inklusive Akademie. Sie qualifiziert und vermittelt Menschen mit Behinderungen gezielt für Stellen auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Assistenz von Personen mit Pflege- und/oder Betreuungsbedarf
Die Evaluation ergab, dass es erfolgverspechend ist, sich auf die Arbeitsfelder der „Assistenz von Personen mit Pflege- und/oder Betreuungsbedarf“ zu konzentrieren. Einerseits kommen sie dem persönlichen Potential der Arbeitsuchenden entgegen. Andererseits gibt es eine große Nachfrage nach qualifizierten Pflegekräften.
Doch auch bereits Beschäftigten fällt es schwer, sich im beruflichen Umfeld weiterzuentwickeln, sofern sie gering literalisiert sind, also nicht genug lesen, schreiben und verstehen können. Erst recht nicht, wenn Deutsch für sie eine Fremdsprache ist. Fehlt dem Arbeitgeber Interesse und Initiative, solche Handicaps anzugehen, erreichen diesen Personenkreis nicht einmal die Kursangebote von Volkshochschulen und Grundbildungszentren.
Inklusives Lernen
Deshalb startete unsere Initiative für ein „Inklusives Lernen“ – erneut im Landkreis Oberhavel - mit dem ESF-Projektes „Förderung der Alphabetisierung und Grundbildung in Betrieben“ (Juli bis Dezember 2021).
Es brachte regionale Anbieter beruflicher Grundbildung mit bildungssensiblen Unternehmen zusammen und hielt engen Kontakt zu kommunalen Jobcentern und örtlicher Industrie- und Handelskammer. So entstand ein unterstützendes Netzwerk aus 20 Betrieben, die 392 Arbeitsplätze in den Berufsfeldern Pflegeassistenz und Betreuung, Hauswirtschaft und Küche, Hausmeisterdienste, Reinigung und Gartenpflege ausweisen.
Inklusives Lernen zielt darauf ab, Arbeitnehmer*innen, die nur eingeschränkt oder überhaupt nicht lesen und schreiben können, einzubinden und zu motivieren, zugleich die betriebliche Bildung für die gesamte Belegschaft neu auszurichten. Themen ergeben sich aus Betriebsabläufen: Informationsfluss und Dokumentation, Sicherheit und Qualität am Arbeitsplatz, digitale und technische Anforderungen, struktureller Wandel. Sie sind – unterschiedslos – für alle Mitarbeitenden von Interesse.
BasisKompetenzCheck
Dieses Konzept wurde im Folgeprojekt „Innovation durch Inklusion – Verbesserung der Grundbildung in Betrieb und Lebenswelt“ (August 2022 bis Februar 2022) durch Mitarbeitende sozialer Unternehmen im Landkreis Oberhavel erprobt – am Beispiel eines Demenzkonzeptes, eines Alphabetisierungskurses und einer Pflegedokumentation. Auch dieses Projekt förderte das Land Brandenburg finanziell.
Gemeinsam mit der örtlichen Volkshochschule wurde in allen drei Feldern ein Programm zur individuellen Weiterbildung entwickelt und von ihr in der Folge angeboten.
Zwei Instrumente - von „Arbeit und Leben Berlin-Brandenburg“ entwickelt – unterstützten diesen Prozess. Für den BasisKompetenzCheck werden einzelne Mitarbeitende zu Arbeitsabläufen, persönlichen Ressourcen und Kompetenzen interviewt, dadurch „Lücken“ entdeckt und der Bedarf an Weiterbildung und organisatorischen Änderungen ermittelt.
Der BetriebsCheck rundet die Bestandsaufnahme ab, indem er Führungskräfte, Mitarbeiter*innen der Personalabteilung und Mitglieder der Arbeitnehmervertretung einbezieht.
Projekt Nr. 3
Der nächste Schritt führte in das jüngste Modellvorhaben „Arbeitsbegleitende Professionalisierung im Bereich Pflege und Begleitung“ (Juni 2024 bis Mai 2026), um Methodik und Lerninhalte einer betrieblichen Vorschule in der Praxis zu testen, die auf die Ausbildung zu Helfer*innen und Assistent*innen in der Pflege vorbereitet.