Alten- und Behindertenhilfe
Kultur verbessert Miteinander
Diakonie und Kirche haben den Sinn, dass sie Begegnung zwischen Menschen bewirken und für die Begegnung miteinander Lebensformen anbieten. Wieso steht gerade das Thema „Begegnung von Menschen ermöglichen“ im Mittelpunkt? Weil Gott auf Begegnung und Miteinander aus ist.
Davon erzählt die Bibel ab Seite eins: Gott erschafft die Menschen als „Geschöpfe, die ihm gleich seien“ – also: mit denen er kommuniziert. Nicht zufällig geht es in der Bibel so viel um Begegnung im Miteinander-Sprechen. Sie versteht sich als „Wort Gottes“. Und der Mensch kommt darin als Gottes Gesprächspartner zu Wort.
Diakonie ist Begegnung
Mitarbeitende begegnen einander im Team und bei teambildenden Veranstaltungen. Mitarbeitende und hilfesuchende Menschen begegnen einander, oft auch samt deren An- und Zugehörigen.
Manchmal gelingt Begegnung besonders gut. Da beschränkt sich Kommunikation nicht auf die nötige Informationsweitergabe, sondern es gelingen Begegnungen, bei denen ein Mensch einen Menschen findet – Verstehen und Vertrauen entsteht.
In einer wichtigen Diakonie-Geschichte in der Bibel sagt ein Mann zu Jesus den furchtbaren Satz: „Ich habe keinen Menschen“ (Johannes-Evangelium, Kap. 5,7) – gemeint ist ein Mensch an seiner Seite, der ihm hilft; und der Mann war 38 Jahre krank.
Betriebliche Angebote fördern Verstehen und Vertrauen
Für Begegnung, Verstehen und Vertrauen in der diakonischen Einrichtung gibt es fördernde und hinderliche Rahmenbedingungen. Wenn Diakonie ihre Sache gut macht, versucht sie, Bedingungen vorzuhalten, die Begegnung, gegenseitiges Verstehen, Vertrauen und Teamgeist fördern.
Sei es das Gesprächsklima bei den jährlichen Entwicklungsgesprächen mit den Mitarbeitenden, Feste im Kirchenjahr oder bei dienstlichen Jubiläen, Anteilnahme an persönlichen Lebensereignissen der Mitarbeitenden, Fortbildung, sportliche Veranstaltungen, Betriebsfeste.
Teamgeist beginnt im Bewerbungsgespräch
Förderung von Teamgeist beginnt im Bewerbungsgespräch, wird durch ein mitarbeitenden-freundliches Onboarding weitergeführt, ist an jedem Arbeitstag – bis zu den Tagen des Offboarding – erfahrbar, indem die Mitarbeitenden Teamgeist leben.
In manchen diakonischen Einrichtungen fühlen sich einige Mitarbeitende besonders verantwortlich dafür: nicht allein die Geschäftsführungs- und Leitungsebene, sondern z. B. auch Berufsfachschulen, ein Chor aus Mitarbeitenden, eine diakonische Gemeinschaft, ein Netzwerk, das über die dienstlichen Aufgaben hinaus den Geist des Hauses prägt. Die Energien, die das menschliche Miteinander freisetzt, sind in der KI-Epoche nicht zu unterschätzen.
Menschliches Miteinander setzt Energien frei
Mit einigen Erfahrungen dieser Art – aus Kirchengemeinde, Kirchenkreis, Diakonischer Gemeinschaft und durch Geschäftsführungsaufgaben in der Diakonie – bin ich vor drei Jahren als Pfarrer i. R. zum Senior Consulting Service Diakonie gekommen. Ich wollte über den Ruhestand hinaus mit meinen Erfahrungen dazu beitragen, dass Diakonie gelingt und der Mensch gewinnt.
Schauen wir uns zum Beispiel Einrichtungen der Altenpflege an, so erleben wir viele engagierte Mitarbeitende, die ihre Kräfte und Fantasie im Dasein für die Mitmenschen einsetzen. Dasein für andere – so übersetze ich das Wort „dienen“. Viele Aufgaben, viele Anforderungen, viele Menschen.
Pflegealltag kann Kräfte aufzehren
Oft stellen Mitarbeitende fest, dass sie nicht allen Aufgaben-Anforderungen-Menschen gerecht werden können. Pflege und Begleitung, so wie sie selbst es wollen (und wie auch sie im Alter gern gepflegt und begleitet werden möchten), sind oft nicht möglich.
Für erkrankte Kolleginnen und Kollegen ist kein Ersatz da. Die eigene Arbeit verdichtet sich noch mehr (die Einrichtung muss ja „funktionieren“). Die Mitarbeitenden kommen selbst an den Rand ihrer Kräfte, „funktionieren“ nur noch. Und die eine oder der andere ist dann die zweite oder der dritte im Team, die krank werden.
Wie gelingt Diakonie in der Situation, und wie gewinnt da der Mensch? Der Mensch, der Hilfe sucht, und der Mensch, der für die Hilfesuchenden dasein will?
Kostenträger haben künstlerische Angebote gestrichen
Ein anderer Blick in das Arbeitsfeld der stationären und teilstationären Pflege und Begleitung: Vor einigen Jahren haben die Kostenträger noch finanzielle Mittel für die Alltagsgestaltung durch künstlerische Angebote in der Altenpflege zur Verfügung gestellt. Doch das ist weitgehend weggefallen. Verzichtbar für den Alltag der Bewohnerinnen und Bewohner?
Kein Allheilmittel, das im Handumdrehen einen bunten Strauß künstlerischer Angebote in den Pflegeeinrichtungen schafft. Kein Wundermittel, das binnen einer Woche Belastung, Entmutigung, Krankenstand überwindet.
Projektidee sucht Partner in der Alten- und Behindertenhilfe
Jedoch: Einen Versuch macht der Senior Consulting Service Diakonie, um im Bereich von Pflege und Begleitung, einschließlich der Behindertenhilfe, ein arbeits- und lebensfreundliches Umfeld zu ermöglichen. Dabei nutzt der SCS-Diakonie die Wirkungen von Kunst und Kultur auf den Menschen.
Er geht davon aus, dass es zur Stärkung der Gesundheit von Mitarbeitenden beiträgt, wenn sie ihre Arbeit als wichtig erleben, als nachvollziehbar im Kontext des Auftrags ihrer Einrichtung und als wertgeschätzt durch motivierende Unterstützung.
Vier Punkte umreißen das Vorhaben:
(1) Mitarbeitende von Altenhilfeeinrichtungen erleben verschiedene künstlerische Angebote: z. B. Musik, bildnerische Gestaltung, Fertigung floraler Arrangements, Tanz und anderes. Das macht ihnen die Chancen von Kunst und Kultur anschaulich – sowohl für ihr inneres Gleichgewicht (Resilienz) als auch für ihre Arbeit und die Tagesgestaltung der Bewohnerinnen und Bewohner.
(2) Dabei werden Mitarbeitende dafür interessiert (und möglichst begeistert), diese Arbeitsform konstitutiv in ihre Arbeit einzubeziehen. Sie werden dafür gewonnen, niedrigschwellig und entsprechend ihren Fähigkeiten mit solchen Angeboten ihre eigene Arbeit zu bereichern. Durch erfahrene Kunst- und Sozialpädagogen werden sie dazu befähigt, ihren „Selbstausdruckswunsch“ und ihre Gestaltungskraft zu verwirklichen.
(3) Wenn sie dann ihre Arbeit in dieser Weise regelmäßig gestalten, ziehen sie andere interessierte Mitarbeitende heran, die von ihnen derartige Fertigkeiten ebenfalls erlernen. So wird die Initiative verstetigt und schafft nachhaltig in der Einrichtung ein Klima, in dem die Bewohnerinnen und Bewohner gern leben und wo die Mitarbeitenden gern arbeiten.
(4) Eine wissenschaftliche Begleitung trägt dazu bei, dass die Angebote zielführend ausgewählt und am Ende evaluiert sowie notfalls verändert und verbessert werden.
Es geht bei dem geplanten Projekt um Wertschätzung in einer doppelten Hinsicht: Mitarbeitenden-Wertschätzung durch Angebote von Kunst und Kultur – und Wertschätzung der Mitarbeitenden, indem sie für die Durchführung derartiger Angebote befähigt werden.
Eine Einrichtung, in der die Bewohnerinnen und Bewohner gern leben und wo die Mitarbeitenden gern arbeiten – das ist das Ziel. Kunst erleben und Kultur gestalten – das hilft, um das Ziel zu verwirklichen.
Menschen erleben Selbstwirksamkeit und Teilhabe
Etwas Wichtiges geschieht da: Vorhandene Potenziale werden geweckt. Die Menschen erleben Selbstwirksamkeit und Teilhabe. Das Kommunikations- und Erlebnisgeschehen zwischen Mitarbeitenden und Bewohnerinnen sowie Bewohnern verstärkt sich in ihrer Begegnung bei Kunst und Kultur.
Und gering qualifizierte Mitarbeitende im Bereich von Pflege und Begleitung finden in künstlerisch-kultureller Arbeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern ein eigenes berufliches Profil und Standing im Team.
Innovation in der Arbeitswelt
Und zugleich eine hochwertige Lebensform von Begegnung … Diakonie ist mit einem solchen Projekt in der Mitte ihres Auftrags.
Der Senior Consulting Service Diakonie sucht Einrichtungen der Pflege und Begleitung, die daran interessiert sind, mit dem SCSD bei dem dargestellten Projekt zu kooperieren, auf diese Weise das Leitbild der Einrichtung zu verwirklichen und das Image als „Arbeitgeber mit Kultur“ zu stärken.

Berlin im März 2025
Pfarrer und SCSD-Berater