Weiterbildung

Von nun an online?

 

Webinare, Online-Seminare, Online-Trainings, Videokonferenzen etc. gibt es schon lange. In Kirche und Diakonie wurden sie in der Vergangenheit nur verhalten genutzt.

Die „echte“ Begegnung, der persönliche Austausch galt als grundlegend sowohl für das Gelingen beruflicher und privater Beziehungen als auch für das Zustandekommen von verlässlichen Verabredungen, innovativen Ideen und tragfähigen Lösungen.

Sinnfluencer und RecruiterInnen eben noch Randfiguren

Solche gar, die geistliche Angebote auf Facebook, Twitter, YouTube, Instagram und anderen Plattformen platzierten, drangen zum Kern kirchlicher Systeme nicht vor, obschon sie gefördert („Sinnfluencer“) werden.

Gleiches galt für die zumeist jungen RecruiterInnen in der Diakonie, die in den sozialen Netzwerken auf die Suche nach den neuen Fachkräften geschickt wurden - sie blieben geschätzte Randfiguren.

Die Corona-Pandemie hat den Führungskräften in Kirche und Diakonie zweifelsohne einen Digitalisierungsschub gebracht. Nach einer kurzen ersten Schockstarre fanden sich die Generationen Y und Z plötzlich mit den Babyboomern einträchtig vor den Bildschirmen wieder.

Videokonferenzen binnen kurzem alltägliche Übungen

Was vorher unmöglich schien, lief relativ reibungslos - nach anfänglichem Ruckeln: „Hört mich jemand ?“, „Wie bekomme ich die Kamera eingeschaltet?“, „Wo ist denn hier der Chat?,“ „Das sind die Kopfhörer meines Sohnes.“

Diejenigen, die noch kurz vor der Corona-Pandemie solcher Kommunikation skeptisch und ablehnend gegenüber gestanden, hofften im Stillen, dies käme erst nach ihrem Ruhestand. Doch schon im Mai 2020 hörte man sie angeregt über die Vor- und Nachteile von zoom, skype, MS Teams und all den weiteren Tools  fachsimpeln, die sich nun als Apps auf ihren Rechnern eingefunden hatten.

Hat sich nun das lange verschlossene Tor zu einer wunderbaren digitalen Welt mit einem „Sesam-Öffne-Dich“ entsperrt?

Bildungsformate digital im Praxistest

Als Führungsakademie für Kirche und Diakonie haben auch wir einen Digitalisierungsschub erlebt und spontan einen Teil unserer Angebote in den virtuellen Raum verlegt, dabei neue digitale Bildungs- und Austauschformate für Führungskräfte geschaffen. Wir erlebten, wie sie, insbesondere in der Anfangszeit der Pandemie, gern und dankbar angenommen wurden.

Ein digitaler Pioniergeist wehte durch unsere virtuellen Räume. Mittlerweile sammelten wir und unsere TeilnehmerInnen vielfältige Erfahrungen. Erste Erkenntnisse und viele Fragen sind bei allen entstanden.

Lernschritte zu Nähe trotz Social distancing

Wir nehmen wahr, dass diakonische Unternehmen auch langfristig ein großes Interesse an digitalen Bildungsformaten haben, die allerdings passgenau auf die jeweilige Bedürfnisse zugeschnitten sein müssen.

Immer da, wo es um Vermittlung von „Wissen“, Impulse sowie „Tools und Handwerkszeug“ geht, werden sie über „Corona“ hinaus einen hohen Stellenwert haben. Auch an Stellen, wo bereits vertraute Gruppen miteinander vertieft ins Gespräch kommen wollen, sind digitale Austauschformate eine gute Unterstützung.

Die letzten Monate haben uns gelehrt, dass Kommunikation im digitalen Raum konzentriert und gehaltvoll sein kann, dass Nähe trotz social distancing möglich ist. Online-Coaching oder Online-Karriereberatung können sogar ein guter Einstieg in persönliche Prozesse sein, die stärker reflexive Anteile haben. Erste Lernschritte dazu sind gemacht, weitere müssen noch folgen.

Begegnung im Seminarzentrum versus Virtuelle Räume

Wir nehmen allerdings auch wahr, dass Menschen eine große Sehnsucht danach haben, sich im „echten Leben“ zu begegnen, miteinander spielerisch zwischen formellen und informellen Austausch zu wechseln, eine - auch physische - Auszeit vom beruflichen Alltag und den damit verbundenen Personen und Orten zu haben, um mit Abstand auf ihr Führungshandeln zu schauen.

Aus unserer langjährigen Erfahrung in der Bildungsarbeit wissen wir, dass es solche Formate braucht, um Wachstums-, Veränderungs- und Entwicklungsprozesse auf personaler und organisationaler Ebene anzustoßen und fortzusetzen.

Führungskräfte brauchen Netzwerke, in denen sie ihre Rolle reflektieren, Anregungen bekommen und Unterstützung erfahren. Diese Netzwerke leben von einer vertrauensvollen Atmosphäre, die in der Präsenz entstehen, sich anschließend in virtuellen Räumen weiter verfestigen kann.

Digitalisierungsschub aus Chancen und mit Grenzen

Nicht zuletzt werden Fragen der finanziellen und ökologischen Nachhaltigkeit dazu beitragen (Stichwort: Sinnhaftigkeit von Dienstreisen), dass vieles, was in der Krise eingeübt wurde, in der einen oder anderen Form und Intensität beibehalten wird.

Die Corona-Pandemie hat uns alle viel über die Chancen und Grenzen digitaler Formate gelehrt und zu einem ungeahnten Digitalisierungsschub geführt. In den nächsten Monaten wird es darum gehen, das Gute daraus zu bewahren und weiter auszubauen.

Wir freuen uns jedenfalls, Sie an der Führungsakademie für Kirche und Diakonie ab sofort sowohl online als auch in unseren Präsenzveranstaltungen kennenzulernen und wiederzusehen.

 

Dr. Lars Carbonnier

Berlin im Juni 2020

Dr. Silke Köser
Germanistin, Theologin, Mediatorin
 
seit 2015 Studienleiterin an der
Führungsakadmie für Kirche und Diakonie,
 
zuvor Promotion am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt,
Referentin bei der Diakonie Deutschland sowie
dem Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung